Zulassung (eines MVZ): Aktuelle Rechtslage/Selbständigkeit als Vertrags(zahn)arzt
22.02.2019
Das Bundessozialgericht (BSG) urteilte, dass es einem Vertragsarzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum in der Rechtsform der GmbH an der erforderlichen Selbstständigkeit fehlt, wenn er weder über die Mitwirkung an der Geschäftsführung noch als Gesellschafter Einfluss auf den Betrieb der Praxis nehmen kann.
Nach ständiger BSGRechtsprechung muss der Vertragsarzt, um dem in § 32 Abs. 1 S 1 ÄrzteZV genannten Kriterium „persönlich in freier Praxis“ zu genügen, die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf. auch über den Einsatz von Personal, zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken. Die Tätigkeit in „freier Praxis“ beinhaltet in Abgrenzung zur Tätigkeit als Angestellter zum einen eine wirtschaftliche Komponente – die Tragung des wirtschaftlichen Risikos wie auch eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis – und zum anderen eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht. Strukturell stehen diese Erfordernisse nicht im Einklang mit der Tätigkeit in einer Kapitalgesellschaft.
Das wirtschaftliche Risiko ist bei einer Kapitalgesellschaft auf die Gesellschaft verlagert, für die Gesellschaft handelt der Geschäftsführer, der die für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Dispositionen trifft (vgl. §§ 35 ff GmbHG). Da der Gesetzgeber aber eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Rechtsformen nicht vorgenommen hat, ist daher davon auszugehen, dass grundsätzlich auch ein „FreiberuflerMVZ“ in der Rechtsform einer GmbH gegründet werden kann.
In Anbetracht des Umstandes, dass auch bei der Tätigkeit eines Vertragsarztes im MVZ das zugelassene MVZ selbst und nicht der Vertragsarzt der KÄV als Rechtssubjekt entgegentritt (BSG SozR 42500 § 75 Nr. 14 RdNr. 27), kann in diesen Fällen nicht das Maß an Selbstständigkeit gefordert werden wie bei einer Tätigkeit aufgrund persönlicher Zulassung. Es bedarf aber der Abgrenzung der Tätigkeit eines Vertragsarztes im MVZ einerseits und eines Angestellten im MVZ andererseits.
Hierfür werden folgende Kriterien herangezogen:
- Es muss daher gewährleistet sein, dass die Gesellschaft verantwortlich von einem Arzt geführt wird. Geschäftsführer müssen mehrheitlich Ärzte sein.
- Die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte müssen Ärzten zustehen.
- Dritte dürfen nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sein.
- Es muss eine ausreichende Berufshaftpflicht bestehen.
Ob es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit eines Vertragsarztes in einem MVZ aller dieser Merkmale bedarf, kann offenbleiben. Zu fordern ist jedenfalls, dass die Struktur der Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss der in ihr tätigen Vertrags(zahn)ärzte sicherstellt. Ein Arzt bzw. Zahnarzt, der weder über die Mitwirkung an der Geschäftsführung noch in der Rolle eines Gesellschafters Einfluss auf den Betrieb der Praxis nehmen kann, wird nicht als freiberuflicher Vertrags(zahn)arzt im MVZ tätig, sondern tatsächlich als Angestellter. Es liegt in der Regel kein Fall einer ausreichenden beruflichen und persönlichen Selbstständigkeit vor, wenn ein Vertrags(zahn)arzt gesellschaftsrechtlich keinen Einfluss auf den Betrieb der Gesellschaft nehmen kann.
Die Beurteilung einer potentiellen Sozialversicherungspflicht, resultierend aus einem verdeckten Anstellungsverhältnis heraus, ist hiervon unabhängig, unterliegt aber grundsätzlich den gleichen Kriterien, wenn auch mit anderer Gewichtung.