Verantwortungsumfang des Konsiliararztes

15.04.2021

Grundsätzlich untersuchen die per Konsil angefragten (Augen)Ärzte ausschließlich diejenigen Patienten, für die auch ein Konsil seitens der Klinik veranlasst worden ist. Wird ein Patient auf der Station dem niedergelassenen (Augen)Arzt nicht im Rahmen eines Konsils vorgestellt, erfolgt durch den Konsiliararzt mangels Auftrags auch keine Untersuchung. Daher ist ein Konsiliararzt grundsätzlich nicht verpflichtet – bei ausbleibender Anforderung – eigenständig zum Patienten Kontakt aufzunehmen.

Der hinzugezogene Arzt ist regelmäßig an den konkreten Auftrag gebunden, wenn er konsiliarisch tätig wird. Die Behandlungsverantwortung mit der Pflicht vollständiger therapeutischer Aufklärung verbleibt bei dem die Behandlung führenden (überweisenden) Arzt. Nach dem Ende seiner Behandlung kann und muss sich der konsiliarisch hinzugezogene Arzt im Regelfall darauf verlassen, dass der überweisende Arzt seinen Empfehlungen folgt und die erforderlichen Maßnahmen veranlasst. Einer Rückfrage bedarf es dann in der Regel nicht.

Die Organisations- und Koordinationsverantwortung bleibt einerseits beim überweisenden Arzt, andererseits muss der Konsiliararzt keinen „Fristenkalender“ führen.

Im Urteilsfall bestand nach drei vorangegangenen augenärztlichen Untersuchungen eines Neugeborenen mit weitgehend unauffälligem Befund zunächst kein Behandlungsbedarf, sondern lediglich weiterer Kontrollbedarf, wobei die durchgeführte Kontrolluntersuchung augenärztliche Routine im Rahmen der Frühgeborenenbehandlung darstellte. Ein lediglich kontrollbedürftiger Befund ist aber nicht geeignet, einen besonderen Ausnahmefall zu konstatieren, der eigenständige Überwachungspflichten des lediglich konsiliarisch hinzugezogenen Augenarztes begründet. Zu beachten ist aber auch, dass die Verpflichtung für jedes kritische Kind einen "Fristenkalender" anzulegen, sodann auch alle weiteren gemäß Dienstplan tätigen niedergelassenen Konsiliarärzte diesen mit überwachen müssten.

OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2020, Az.: 26 U 131/19

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