RLV-Anpassung bei Reduzierung des vertragsärztlichen Versorgungsauftrags?

17.04.2019

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) darf die auf der Grundlage der Abrechnung eines Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal ermittelte Fallzahl als Grundlage der Bemessung des Regelleistungsvolumens nicht allein deshalb halbieren, weil der Arzt seinen Versorgungsauftrag halbiert hat.

Der klagende Facharzt für Chirurgie ist seit dem 01.07.2001 im Bezirk der beklagten KV zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum Quartal IV/2012 reduzierte er seinen vollen Versorgungsauftrag um die Hälfte. Der verbleibende halbe Vertragsarztsitz wurde durch einen anderen Arzt nachbesetzt. Sowohl im Jahr vor der Reduzierung des Versorgungsauftrags als auch danach betrug die Zahl der vom Kläger behandelten gesetzlich Versicherten ungefähr ein Drittel der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe. Für die Quartale IV/2012 bis III/2013 wies die Beklagte dem Kläger RLV zu, bei deren Berechnung sie – im Hinblick auf die Reduzierung des Versorgungsauftrags – von der halben Fallzahl des Klägers im entsprechenden Vorjahresquartal (also etwa ein Sechstel des Fachgruppendurchschnitts) ausging.

Der Umstand, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte reduziert hat, um ihn dem tatsächlichen Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit anzupassen, ist kein geeigneter sachlicher Anknüpfungspunkt für eine Abweichung von dem im hier maßgebenden HVM 2013 geregelten Grundsatz, dass der Bemessung des RLV die tatsächliche (volle) Fallzahl des Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres zugrunde gelegt wird: Ein Arzt mit vollem Versorgungsauftrag, dessen Fallzahl den Durchschnitt der Fachgruppe um mehr als die Hälfte unterschreitet, wird – wenn keine besonderen Umständen vorliegen – seine Verpflichtung, im Umfang seines Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, regelmäßig nicht mehr erfüllen. Dies kann Anlass sein, ihm die Zulassung teilweise – im Umfang eines halben Versorgungsauftrags – zu entziehen. Der Arzt ist aber keineswegs verpflichtet, ein solches Entziehungsverfahren abzuwarten. Er kann sich auch entscheiden, den Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu erhöhen und seine Fallzahl soweit zu steigern, dass er seiner Verpflichtung aus § 95 Abs. 3 S 1 SGB V wieder gerecht wird. Wenn er das z.B. aus familiären Gründen nicht möchte, gibt ihm § 19a Abs. 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte die Möglichkeit, seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber den Zulassungsgremien auf die Hälfte zu beschränken. Mit dieser Entscheidung zur Reduzierung des Versorgungsauftrags ist in einer solchen Konstellation typischerweise nicht die Entscheidung verbunden, den tatsächlichen Umfang der ärztlichen Tätigkeit weiter einzuschränken. Vielmehr geht es dem Arzt darum, den Umfang des Versorgungsauftrags den schon vorher bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. So verhielt es sich auch bei dem Kläger, der auf seine weit unterdurchschnittliche Fallzahl mit einer Reduzierung seines Versorgungsauftrags reagiert hat. Einen sachlichen Grund, die Fallzahl, die der Bemessung des RLV zugrunde gelegt wird, der Reduzierung des Versorgungsauftrags anzupassen, gibt es unter diesen Umständen nicht. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob der Reduzierung des Versorgungsauftrags eine Entziehung durch die Zulassungsgremien oder ein freiwilliger Verzicht des Arztes zugrunde liegt.

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