Integrierte Versorgung und Gewerbesteuer
25.06.2019
Werden im Rahmen der integrierten Versorgung abgegebene Präparate an Hämatophiliepatienten (Bluter) zur Heimselbstbehandlung durch eine Gemeinschaftspraxis/Berufsausübungsgemeinschaft (GMP) abgegeben, ist die gesamte Tätigkeit der GMP als gewerblich zu behandeln, sofern die vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellte Bagatellgrenze für äußerst geringfügige gewerbliche Tätigkeiten (originär gewerbliche Nettoumsatzerlöse nicht höher als 3 % des Gesamtnettoumsatzes und nicht höher als 24.500 €) überschritten wird.
Die GMP behandelte vornehmlich Kassenpatienten im Rahmen einer sog. integrierten Versorgung nach § 140a ff. SGB V. Bei der integrierten Versorgung werden zwischen Arzt und Krankenkasse Verträge abgeschlossen, nach denen die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen zahlt, die sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln zum Inhalt haben. Die GMP hat mit einer Ersatzkasse am 27.10.2010 einen Vertrag zur integrierten Versorgung nach den §§ 140a ff. SGB V abgeschlossen. Gleichfalls wurde zum 29.10.2010 bzw. 10.11.2010 eine Vereinbarung über die Abgabe von Blutprodukten nach § 47 des Arzneimittelgesetzes (AMG) mit dem Verband der Ersatzkassen e.V. als Bevollmächtigter von sechs Ersatzkassen getroffen.
Unstreitig hatte die GMP die Präparate mit einem Gewinnaufschlag verabreicht. Zudem sei auch von den gesetzlichen Krankenkassen zusätzlich zu der Zahlung der Direktbezugspreise ein Teil der an die GMP geleisteten Pauschalzahlungen dafür erbracht worden, dass seitens der GMP „eine bedarfsgerechte und kostenbewusste Abgabe der Präparate an die Patienten" erfolgt.
Ferner ist die ärztliche Tätigkeit und die Abgabe der Präparate nach der Überzeugung des erkennenden Senats auch nicht als einheitlich freiberuflich zu beurteilen. Zwar erkennt das FG Düsseldorf in der Abgabe der Präparate durch die Ärzteschaft gewisse Effizienzvorteile an. Diese wirtschaftlichen Erwägungen führen aber nach seiner Ansicht nicht dazu, dass die Abgabe der Präparate als unselbständiger Teil der ärztlichen Heilbehandlung anzusehen wäre. Insbesondere besteht nach seiner Überzeugung nicht die Notwendigkeit des Verkaufs der Präparate durch die GMP, vielmehr hätten die Patienten die streitgegenständlichen Präparate auch bei einem Dritten beziehen können.
Auch aus der Ausnahme von der Apothekenpflicht in § 47 AMG kann nach Auffassung des Finanzgerichtes kein Rückschluss auf die steuerliche Behandlung erfolgen. Denn aufgrund des Umstandes, dass die Apothekenpflicht partiell aufgehoben und Ärzten der Verkauf von Medikamenten gestattet wird, kann nicht geschlossen werden, dass die Ärzte auch freiberuflich tätig werden, wenn sie diese Ausnahme in Anspruch nehmen.
Hinweis: Der Vertrag zur integrierten Versorgung (heute: besonderer Versorgungsvertrag) hätte nur die freiberuflichen ärztlichen Leistungen mit der GMP umfassen dürfen und die gewerblichen Leistungen hätten durch einen zweiten Vertrag mit einer (personen- und beteiligungsidentischen) zweiten Personengesellschaft abgeschlossen werden müssen, um die Gewerbesteuer auf die gewerblichen Leistungsbestandteile zu beschränken.